Pneumatik ade: Neuartiges Greifsystem setzt auf E-Antrieb
Das Fraunhofer IEM arbeitet an einem neuartigen Greifroboter, der fragile Objekte sensitiv von einem Produktionsschritt zum nächsten transportiert. Insbesondere für die Lebensmittelindustrie ist das innovative Greifsysteme interessant. Zum Beweis präsentiert der Greifroboter den Besucher:innen der Hannover Messe (Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 16, Stand A12) Schokoküsse, ohne die empfindliche Schokoladenglasur zu beschädigen. Wir fragen Dr.-Ing. Christian Henke, Abteilungsleiter Scientific Automation am Fraunhofer IEM, nach den Vorzügen des Greifsystems.
1. Greifrobotik ist eine klassische Anwendung in der Produktion. Was ist das Besondere an der neuen Lösung? Erstmals setzen wir ein kraftsensitives Greifsystem elektrisch um. Für produzierende Unternehmen bietet das viele Vorteile, da sie auf aufwendige und im Betrieb kostspielige Pneumatik verzichten können. Für den Antrieb des Greifers können sie bereits bestehende elektrische Anschlüsse in ihrer Produktion nutzen. Der E-Antrieb ist nicht nur gut für die Energiebilanz. Weil Stromanschlüsse meist überall vorhanden sind, ist der Greifer flexibel an verschiedenen Stellen einsetzbar.
2. Ob zerbrechliche Schokoglasur oder Glasbauteil: Greifsysteme transportieren fragile Objekte von einem Produktionsschritt zum nächsten, ohne sie zu beschädigen. Schafft der Greifer das auch mit E-Antrieb? Ein klares Ja! Die Kraftsensitivität, wie wir die Eigenschaft im Fachjargon nennen, können wir absolut gewährleisten. Mit präziser und dynamischer Regelungstechnik sowie intelligenter Sensorik stellen sich die Finger des Greifers individuell auf die zu transportierenden Objekte ein. So ermittelt ein Sensor beispielsweise die Kraft, mit der der Greifer zupackt.
3. Sie erweitern den Aktionsradius des Greifers mit einer Linearachse. Was heißt das und was sind die Vorteile? Montieren wir den Greifroboter an einer horizontalen Achse, können wir seinen Aktionsradius innerhalb der Produktion erweitern. Das erhöht den flexiblen Einsatz noch einmal zusätzlich. Und auch hier zeigen wir eine innovative Lösung: In herkömmlichen Anwendungen sind Cobots mit Sicherheitsmaßnahmen für die Mensch-Maschine-Kollaboration ausgestattet. Bei Linearachsen fehlen diese Sicherungseinrichtungen aber. Da die Sicherheitstechnik für Mensch-Maschine-Kollaborationen sehr komplex ist, wurden bisher noch keine Standardlösungen geschaffen. Am Fraunhofer IEM haben wir die nötige sensorbasierte Umfelderkennung für beide Systeme, Roboter und Linearachse umgesetzt. Mit einer 360 Grad-Umfelderkennung können wir so den gesamten Arbeitsplatz kollaborativ gestalten. Schutzzäune sind nicht mehr nötig – Unternehmen haben so größere Gestaltungsmöglichkeiten in ihrer Produktion.
4. Für welche Branchen ist der Greifer interessant? Wir haben unsere Lösung für die Königsdisziplin entwickelt: Die Lebensmittelbranche, die der Produktion strenge Vorgaben macht, zum Beispiel für die Lebensmittelverträglichkeit von Materialien. Die Finger unseres Greifers haben deshalb eine kunststoffbasierte, nachgiebige und flexible Oberfläche, die allen Anforderungen der Lebensmittelbranche genügen. Das Greifsystem ist aber problemlos für alle Produktionen einsetzbar, in denen fragile Objekte transportiert werden müssen.
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